Der Durchbruch an der Grebbeschleuse

Wie das SS-Regiment "Der Führer" den Grebbeberg nahm.

Unterredung mit einem Teilnehmer an den Kampfen.


Obersturmbannführer Fortenbacher, Kommandeur des SS-Inf.-Ers.-Btl. "Germania" in Arnheim - vor zwei Jahren Hauptsturmführer und "Major im Stabe" beim Regiment "Der Führer" - hat auf seinem Schreibtisch die Karte ausgebreitet: Wir haben also, beginnt er, mit unserem Regiment "Der Führer", das zusammen mit den Regimentern "Deutschland" und "Germania" die Division der Waffen-SS "Reich" bildete, am Morgen des 10. Mai, von Emmerich kommend, die Grenze überschritten. Stärkerer feindlicher Widerstand trat uns erst bei Westervoort, etwa drei Kilometer ostwärts Arnheim, entgegen, wo die Eisenbahn- und Straszenbrücke über die Yssel von starken Bunkern gesichert war. Durch kuhnes Zupacken setzte der Oberscharführer Kepplinger die rings von Wassergräben umgebenen Bunker auszer Gefecht und ermöglichte so dem Regiment den Vormarsch nach Arnheim. Kepplinger erhielt für seine schneidige Tat das Ritterkreuz.

Kampflos wurde Arnheim besetzt, und am Abend des 10. Mai erreichte das Regiment Wageningen. Es gab einige bedeutungslose Schieszereien, dann war Wageningen in unserer Hand.

Es war dem Regiment bekannt, dasz der Grebbeberg befestigt war. Über die Stärke der Grebbelinie jedoch und die Lage der Bunker wuszte man nichts Genaues. Nachdem der Feind die Besetzung Wageningens erkannt hatte, funkte er vom Grebbeberg aus noch am selben Abend mit seiner Artillerie in die Stadt hinein, in der überigens während der Nacht nur einige Sicherungen lagen. Die Masse des Regiments ging ostwärts Wageningen und nördlich davon (in Richtung Bennekom) zur Kriegsrast über. Am Abend noch und in der Nacht nahmen unsere Vorposten die Fühlung mit feindlichen Vorposten auf, die zum Teil vernichtet werden konnten.

Im Laufe des 11. Mai muszten die Holländer ihre sogenannte "Vorpostenlinie", die westlich Wageningen verlief, räumen. Der Regimentskommandeur, Standartenführer Keppler (heute Gruppenführer), befahl den Angriff des Regiments auf den Grebbeberg mit zwei Bataillonen in vorderster Linie. Das III. Bataillon war längs der Strasze Wageningen-Rhenen angesetzt, das II. Bataillon schlosz sich rechts davon an. Schon bald nach Angriffsbeginn setzte jedoch ein überaus starkes feindliches Artilleriefeuer ein, das den Angriff abstoppte. Die Unterstützung durch die beiden dem Regiment zugeteilten Artillerieabteilungen erwies sich als zu schwach. Der Feind seinerseits konnte das gesamte Angriffsgelände ausgezeichnet einsehen und mit weiterhin die feindlichen MG-Schützen, die in den Kanälen und Wasserläufen - für die eigenen Schützen nicht sichtbar - auf Floszsäcke hin und her pendelten und überraschend bald hier, bald dort in Stellung gingen.

So kam es, dasz der Angriff am 11. Mai in den Obstgärten etwa ein Kilometer westlich Wageningen zum Stehen kam. Am 12. Mai erhielt die eigene Artillerie Verstärkung durch zwei 21er Heeresbatterien. Im Schutze eines planmäszigen Artilleriefeuers befahl nun der Regimentskommandeur dem II. Bataillon einen Scheinangriff über das flache Gelände nördlich der Strasze Wageningen-Rhenen, das so die Hauptmasse des Feuers auf sich zog. Währenddessen arbeitete sich fast unbemerkt das III. Bataillon unter Führung des damaligen Obersturmbannführers Wäckerle (er ist im vorgangenen Jahr als Standartenführer und Kommandeur des SS-Standarte "Westland" im Osten gefallen) längs der Strasze vor. Am weitesten vorn, die 9. Kompanie unter Führung des Hauptsturmführers Harmel. Erst als diese Kompanie auf nur wenige hundert Meter an die Grebbeschleuse und die davor sich befindlichen Bunker herangekommen war, erkannte der Feind die Gefahr, die ihm von hier drohte, und belegte nun die Strasze mit einem wütenden Feuer.

Nur die Gräben links und rechts boten den Männern der 9. Kompanie Deckung, und in ihnen arbeiteten sie sich weiter vor. Dann aber wurde die Lage kritisch: für mehrere Stunden risz die Verbindung zwischen der 9. Kompanie und dem Bataillon ab. Das starke Feuer vom Berg und aus den Bunkern vor der Schleuse machte es den nachfolgenden Kompanien zunächst unmöglich, den Anschlusz an die 9. Kompanie zu finden. Dann aber, gegen Abend, arbeitete sich der Bataillonskommandeur selbst nach vorn und übernahm nun persönlich die Aufkläring.

Ein Durchbruch der Kompanie bei der Grebbeschleuse und damit der direkte Angriff auf den Grebbeberg schien unmöglich. Etwa 50 Schritt vor der Schleuse standen zu beiden Seiten der Strasze überhöht mehrere Bunker, dazwischen Feldstellungen. Gegen einen direkten Angriff waren diese Kampfanlagen durch Wassergräben geschützt. Unmittelbar hinter der Schleuse aber erhob sich, steil nach vorn abfallend, der Grebbeberg, auf dem, mit Wirkung auf die Strasze, Infanteriegeschütze und schwere Maschinengewehre eingebaut waren.

Angesichts dieser gewaltigen Abwehrkraft entschlosz sich der Regimentskommandeur, den Grebbeberg von Süden zu umgehen. Nach Einbruch der Dämmerung sollten Stosztruppe über den Rhein setzen, weiter westlich dann wieder das rechte Rheinufer gewinnen und die Bunker des Grebbebergs von rückwärts unschädlich machen.

Während aber noch die Vorbereitungen zu diesem Unternehmen getroffen wurden, das übrigens scheiterte, weil der Feind auch auf dem jenseitigen Rheinufer Kampfanlagen besasz und schon die ersten Schlauchboote zusammenschosz, begann der Cheff der 9. Kompanie, Hauptsturmführer Harmel, aus eigenem Entschlusz, unter Zustimmung des Bataillonskommandeurs, den direkten Angriff auf die Schleuse. Überraschend schnell gelang es, die vor der Schleuse gelegenen Bunker auszer Gefecht zu setzen. Unter dem rasenden Feuer der unmittelbar über der Schleusenbrücke auf dem Berg gelegenen leichten und schweren Waffen versuchten nun einige der wagenmutigen Männer der 9. Kompanie, das jenseitige Brückenende zu erreichen. Sie fielen im feindlichen Geschoszhagel oder durch den Strom, den die Holländer durch die Brücke jagten. Die nachfolgenden Kameraden mieden die Brücke, stürzten nach rechts zum Grebbeufer und durchschwammen den Flusz. Die nächsten setzten in Floszsäcken über. Auch hierbei gab es noch Verluste, aber die meisten kamen hinüber. Ein Bunker jenseits der Grebbe wurde durch eine einzige Handgranate auszer Gefecht gesetzt, während die Besatzung eines weiteren Bunkers sich kampflos ergab, als unversehens deutsche Soldaten die Bunkertür öffneten.

Damit war der entscheidende Schlag getan: Der Durchbruch an der Grebbeschleuse war erzwungen. Die 9. Kompanie drang längs der Strasze nach Rhenen in Richtung auf den heutigen Soldatenfriedhof vor und setzte eine in der Nähe gelegene feindliche Batterie auszer Gefecht, deren Bedienung über das Erscheinen der Deutschen fassungslos war. Noch in derselben Nacht und in Morgengrauen folgten die anderen Kompanien des II. Bataillons nach und vernichteten die noch zahlreichen Widerstandsnester auf dem Grebbeberg. Ein groszer Teil der Besatzung ergab sich ober floh.

Der Grebbeberg war gefallen. Am Morgen des 13. Mai wurde mit starker Artillerieunterstützung der Angriff auf breiter Front fortgesetzt. Die Wirkung dieses Angriffs verdeutlicht ein holländischer Bericht, den wir schon von einem halben Jahr veröffentlicht haben. Es heiszt darin: "In der Nacht vom 12. zum 13. Mai und am 13. Mai verschwinden sehr viele Menschen eigenmächtig unter dem Einflusz von Artilleriefeuer, welches zuschends sunimmt. Die Befehlsführung, die nicht geregelt ist, versagt. Am Nachmittag immer mehr zurückströmende Einheiten. Nach einem Stuka-angriff zunehmende Flucht." Ein an den Kämpfen am Grebbeberg beteiligt gewesener Major schrieb: "Bei Rhenen strömen die Truppen wie eine ungeordnete Bende zurück, Chaos."

Mit dem Grebbeberg fiel das wichtigste Bollwerk in Mittelholland. Seine Bezwingung hat an der einen Tag später erfolgten Kapitulation der niederländischen Armee sicher nicht minder groszen Anteil gehabt wie die Erfolge der Panzerverbände, die in Südholland gegen Rotterdam vorstieszen. Das Verdienst für die Einnahme des Grebbebergs gehört dem SS-Regiment "Der Führer", dessen Kommandeur dafür mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet wurde. Besonderes Verdienst aber hatte die 9. Kompanie des Regiments unter Führung ihres schneidigen Chefs, des Hauptsturmführers Harmel.

Bron: "Der Soldatenfreund", tasschenjahrbuch für die Wehrmacht, 1943
Ausgabe D: Waffen S.S.

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